Michael Martin
Geograf, Fotograf und Abenteurer Michael Martin erkundet seit Jahrzehnten die Welt. Ob durch die Wüsten Afrikas und Asiens, über 5000 Meter hohe Himalaya-Pässe oder in die eisige kanadische Arktis: Die BMW GS ist seit über 30 Jahren sein treuer Begleiter. Im Interview erzählt der 61-Jährige von brenzligen Momenten, spektakulären Zielen und der besonderen Rolle seines Motorrads. Und er verrät auch, was er rückblickend anders machen würde.
Du erlebst das Land intensiver.
“Michael Martin
Abenteurer, Fotograf, Vortragsredner
Wie hat Dich das Reisen geprägt oder verändert?
Ich würde eher sagen, dass ich die Reisen geprägt habe. Ich bin neugierig, unerschrocken, physisch und psychisch sehr belastbar und kann gut organisieren. Ich reise, seit ich 15 Jahre alt bin und wusste schon früh, wie ich mein Leben gestalten möchte. Ich habe es genauso umgesetzt. Natürlich hatte ich auch das Glück, dass ich dank Vorträgen, Büchern und Fernsehfilmen davon leben kann.
Wie bereitest Du Dich auf Deine Reisen vor? Gibt es Rituale?
Minimale Vorbereitung! Zwischen den Reisen – teilweise bis zu zehn Fernreisen im Jahr –, meiner Büroarbeit, Familie und Freunden bleibt kaum Zeit. Ich packe kurz vor dem Abflug. Sobald ich im Zug zum Flughafen sitze, stelle ich mich langsam auf die Reise ein.
Du machst die meisten Deiner Reisen auf dem Motorrad. Wie kam es dazu?
Bis 1991 reiste ich ausschließlich mit dem Auto und war bis dahin schon 45 Mal in der Sahara gewesen. Als die Region durch Bürgerkriege und Aufstände plötzlich nicht mehr zugänglich war, hatte ich ein Problem. Es gibt nichts Vergleichbares zur Sahara – ein unglaublich spannender, abenteuerlicher und ästhetischer Flecken Erde. Um dennoch mit fesselnden Geschichten zurückzukehren, entschied ich mich, auf das Motorrad umzusteigen und so die Reise an sich spannender zu gestalten.
Und das war direkt ein Motorrad von BMW?
Ja und wie es dazu kam, ist eine interessante Geschichte. Ich schrieb einen Brief an BMW – wie vermutlich tausende andere Motorradfahrer – und fragte, ob sie mich für mein Projekt „Transafrika“ mit Motorrädern unterstützen würden. Zu meiner Überraschung erhielt ich eine Antwort. Mein Konzept überzeugte und glücklicherweise landete mein Schreiben bei einem Afrika-Fan. Ich bekam drei R 100 GS geliehen. So begann die Partnerschaft, die bis heute anhält.
Seitdem bist Du nicht mehr vom Motorrad abgekommen?
Genau! Zunächst musste ich in Kenia erst einmal richtig Motorradfahren lernen. Dabei begriff ich sofort den Kult ums Motorrad. Es macht unglaublich viel Spaß und Du bist viel näher an Land und Leuten. Du spürst jede Temperaturschwankung, den Wechsel des Windes und erlebst das Land intensiver. Außerdem ist das Motorrad eine kulturelle Brücke. Es zieht Einheimische an und eröffnet Gespräche. So wirst Du von Mönchen ins äthiopische Kloster oder von Bauern in ihre Hütte zum Tee eingeladen – immer dank des Motorrads.
Was schätzt Du an Motorrädern von BMW?
Nachdem ich bereits mit der R 100 GS, R 1100 GS, R 1150 GS, R 1200 GS Adventure, R 1250 GS Adventure und zuletzt der R 1300 GS unterwegs war, kann ich klar sagen: ihre absolute Zuverlässigkeit. Trotz ihres Gewichts ist das Handling der GS im Gelände super. Sie bietet viel Sicherheit durch die Assistenzsysteme und hat mich nie im Stich gelassen. Wobei, da gibt es eine lustige Geschichte…
Erzähl sie uns!
In den 90er Jahren war in der R 1100 GS im Kardangehäuse eine große Mutter verbaut, die die Kardanwelle zentrierte. Sie war damals noch nicht verklebt, sondern nur eingeschraubt. Nach tausenden ruckeligen Kilometern durch Afrika hatte sie sich in Uganda gelöst, war unbemerkt herausgefallen und verschwunden. Diese Mutter hatte 30 mm Durchmesser – unmöglich, sie in Afrika zu bekommen. Ich hatte bereits aufgegeben und einen LKW angehalten, um mich und die Maschine in die Hauptstadt mitzunehmen. Der Fahrer sah sich das Loch im Gehäuse an, fällte kurzerhand mit einer Machete einen Baum und schnitzte daraus einen Bolzen, der die Kardanwelle fixierte. Der Bolzen ragte 15 cm heraus, doch ich konnte damit die letzten tausend Kilometer zurücklegen.
Gab es schon brenzlige Situationen, in denen Du richtig Angst hattest?
Wenige, und sie hatten nie mit der Natur zu tun. Es waren immer politische Themen oder Kriminalität. Ein Beispiel ist meine Einreise von Libyen in den Tschad über die grüne Grenze. Ich fuhr durch ein vermintes Gebiet. Die Landminen-Gebiete waren zwar gekennzeichnet, aber trotzdem fragst Du Dich, ob Regen sie nicht doch in Deine Spur gespült hat. Eine andere brenzlige Situation ereignete sich 2003, als eine Gruppe Motorradfahrer auf der Gräberpiste in Algerien entführt wurde. Ich wäre fast einer von ihnen gewesen. Doch ich folge immer einer simplen Regel: Bevor es morgens losgeht, erkundige ich mich bei Einheimischen nach der Situation. An diesem Tag fragte ich einen Tankwart, ob die Route sicher sei. Er zögerte und das gab mir ein schlechtes Bauchgefühl. Als ich den Besitzer eines benachbarten Lokals fragte, sagte er klar: „Not okay.“ Also nahm ich einen vergleichsweise langweiligen Umweg – der mich jedoch rettete.
Welchen Teil der Erde würdest Du immer wieder bereisen, weil es so schön ist?
Unzählige! Aber Namibia, der Altiplano in Bolivien oder die Himalaya-Pässe – das sind Orte, die mich immer wieder faszinieren.
Mit Deinen Vorträgen nimmst Du die Menschen auf Deine Reisen mit – worauf legst Du dabei besonders großen Wert?
Gute Bilder, gute Musik und eine spannende Erzählweise. Man muss die Zuschauer berühren. Das gelingt nur, wenn man selbst dafür brennt – und das tue ich! Ich erzähle aus einem reichen Fundus an Reisen, bringe viele Karten zur Orientierung mit und verbinde das Ganze mit persönlichen Erfahrungen. Letztlich geht es darum, das Lebensgefühl auf dem Motorrad zu vermitteln. Es geht weniger um Technik oder Bereifung, sondern darum, wie ich das BMW Motorrad Motto „Make Life a Ride“ zu meinem Leben gemacht habe.
Community Fragen
Gibt es ein Foto, das eine besondere Bedeutung für Dich hat?
Da gibt es so viele… Aber am ehesten mein erstes Motorradbild, aufgenommen am Turkanasee in Kenia. Drei Motorradfahrer, die durch eine Landschaft aus dunklem Lavastein fahren. Um sie herum wirbelt weißer Staub auf, der durch die tiefstehende Sonne im Hintergrund besonders hell erscheint. Das war Anfang der 90er – kein Autofokus – ich musste die Kamera also genau einstellen und platzieren. Meine damalige Kamerafrau hatte die Aufgabe, im richtigen Moment den Auslöser zu drücken. Und ich wusste erst drei Monate später, ob es geklappt hat oder nicht. Ich finde, da steckt richtig viel von diesem Abenteuer-Motorrad-Spirit drin.
Gibt es etwas, das Du rückblickend anders machen würdest?
Ich habe das Motorradfahren immer auf meine Fernreisen beschränkt. Ich bin nie in Europa oder Deutschland gefahren, weil ich zu wenig Zeit hatte im Alltag. Erst durch die Corona-Pandemie machte ich eine Reise von Rügen nach Garmisch-Partenkirchen. Dabei habe ich gemerkt, was für ein tolles Motorradland Deutschland ist. Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt, die Fränkische Schweiz – all das hat mich begeistert. Der große Vorteil im Vergleich zu den Fernreisen: Ich hatte kaum Gepäck, da ich in Hotels übernachtet habe. Eine GS ohne Gepäck und auf guten Straßen – da macht Motorradfahren sogar noch mehr Spaß.
Was steht noch auf Deiner Bucket-List?
Ganz klar der Süden Europas. Bald bekomme ich die R 1300 GS Adventure und dann geht es los in Richtung Süden. Mir schwebt Albanien, Griechenland und das Schwarze Meer vor. In den Norden zieht es mich nicht mehr, da ich schon zu viel Zeit in der kalten Arktis verbracht habe. Mein Learning, dass auch scheinbar unspektakuläre Länder zum Motorradparadies werden können, wenn man sich an die kurvigen Straßen hält, hat mich überzeugt. Mit dem Motorrad erschließt man Länder einfach anders und das ist die Magie hinter jeder Reise. Also ganz klares Ziel: Mehr Motorrad fahren in Europa und Deutschland.
Auf zwei Rädern um die Welt
Michael Martins neues Buch „Auf zwei Rädern um die Welt“ erschien am 19.2.2025 im Ludwig Verlag. Darin blickt er auf 33 Jahre zurück, in denen er die Welt mit seiner GS bereist hat. Unter www.michael-martin.de kann man es handsigniert und bei Wunsch auch mit persönlicher Widmung bestellen.